Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass die ketogene Ernährung meine Krebstherapie maßgeblich positiv beeinflusst. Diese Überzeugung stammt einerseits aus meinen direkten persönlichen sehr positiven Erfahrungen damit. Andererseits gibt es meiner Ansicht nach auch eine fundierte wissenschaftliche Begründung für die Wirkungsweise, die ich hier kurz vorstellen möchte. Meine wichtigste Informationsquelle waren hierbei die in Buchtipps vorgestellten Bücher, die selbst wiederum auf mehr als tausend wissenschaftliche Artikel verweisen.
Krebs als Stoffwechselerkrankung
So ziemlich jeder Krebspatient kennt das PET-CT als wichtiges Diagnoseverfahren. Dabei bekommt man radioaktiv markierten Zucker verabreicht, der sich in den Krebszellen anreichert, die im CT-Bild als helle Flecken sichtbar werden. Die Beobachtung, dass Krebszellen wesentlich mehr Zucker als gesunde Zellen verbrauchen, wurde bereits 1928 mit dem Medizin-Nobelpreis gewürdigt (Warburg-Effekt). Warum aber verbrauchen Krebszellen so viel Zucker? Um dies zu verstehen, muss man ein wenig über den Energiestoffwechsel der Zelle wissen:
Die Kernaussage besteht nun darin, dass ein Defekt der Membranen der Mitochondrien die gemeinsame und definierende Eigenschaft aller Krebszellen ist (Warburg-Hypothese).
Dadurch kann die Krebszelle genau die effizienten Arten der Energiegewinnung mit Beteiligung von Sauerstoff (Respiration), d.h. den zweiten Schritt der Zuckerverbrennung und die Fettverbrennung, nicht verwenden. Deshalb müssen sie auf die ineffizienten Arten der Energiegewinnung ohne Beteiligung von Sauerstoff (Fermentation), d.h. den ersten Schritt der Zuckerverbrennung und die Eiweißverbrennung, ausweichen. Dies erklärt unter anderem, warum Krebszellen so viel Zucker verbrauchen (weil die Fermentation eben ineffizient ist) und warum sie so viel Laktat produzieren (weil sie ihre Energie im Wesentlichen aus dem ersten Schritt der Zuckerverbrennung gewinnen). Vor diesem Hintergrund wird aber noch viel allgemeiner klar, warum Krebszellen ihr typisches Verhalten (also insbesondere Wucherung, Gefäßneubildung und genetische Instabilität) zeigen - gesunde Körperzellen tun dies ebenfalls unter Sauerstoffmangel, also z.B. bei der Wundheilung oder bei Embryos im Frühstadium. Eine Krebszelle empfindet einfach ebenfalls Sauerstoffmangel, weil die beschädigten Mitochondrien die Zellatmung (Respiration) einschränken oder sogar verhindern. Metastasen entstehen dieser Theorie zufolge, wenn im Körper bewegliche Zellen des Immunsystems (Makrophagen) Schäden an ihren Mitochondrien-Membranen erleiden, entweder induziert durch Kontakt mit Krebszellen oder direkt durch äußere schädigende Einflüsse.
Die Sichtweise von Krebs als Stoffwechselerkrankung ist kontrovers, und die meisten Mediziner halten Krebs sicherlich immer noch für eine genetische Krankheit. Mich haben die Ausführungen in dem zitierten Buch Cancer as a Metabolic Disease (Seyfried) allerdings restlos überzeugt. Insbesondere werden die gängigen Argumente gegen die Sichtweise von Krebs als Stoffwechselerkrankung (z.B. von Sidney Weinhouse) in wissenschaftlicher Weise widerlegt und die Widersprüche der Sichtweise von Krebs als genetische Krankheit herausgestellt. Ein besonders interessantes Experiment besteht darin, die Kerne einer gesunden Zelle und einer gleichartigen Krebszelle zu vertauschen. Die eine Zelle enthält also die Mitochondrien der Krebszelle und den Kern der gesunden Zelle, bei der anderen Zelle ist es genau umgekehrt. Die erste Zelle (Krebs-Mitochondrien, gesunder Kern) verhält sich nun wie eine Krebszelle, die zweite (gesunde Mitochondrien, Krebs-Kern) wie eine gesunde Zelle, d.h. die Krebs-Eigenschaft hängt nicht am Erbgut im Zellkern sondern an den Mitochondrien.
Ohne die Wissenschaft zu bemühen reicht es aber eigentlich schon aus sich zu überlegen, dass seit vielen Jahrzehnten gigantische Summen in die Krebsforschung investiert werden, ohne dass diese nennenswerte Erfolge bei der Heilung schwerer Erkrankungen insbesondere bei Metastasen zu verzeichnen hat - in keinem anderen Gebiet der Medizin würde man die Verbesserung der Lebenserwartung von sagen wir sieben auf acht Monate als bahnbrechenden Erfolg feiern. Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen und Todesfälle durch Krebs steigt weltweit weiterhin an. Hat die Krebsforschung vergessen, dass die Medizin ihre Patienten eigentlich vollständig heilen will? Als Patientin empfinde ich diesen Minimalanspruch der Krebsforschung an sich selbst als Bankrotterklärung und einen starken Hinweis darauf, dass diese ihre Sichtweise grundlegend ändern muss, um uns wirklich zu helfen. Ich hoffe jedenfalls, dass zukünftig mehr Onkologen Cancer as a Metabolic Disease lesen und ihre Konsequenzen daraus ziehen.
Wirkungsweise der ketogenen Ernährung bei Krebs
Ketogene Ernährung ist eine Diätform, bei der man ca. 80% seines Kalorienbedarfs aus Fetten und Ölen bezieht, die Zufuhr an Eiweiß auf einem moderaten Niveau hält und die Zufuhr an Kohlenhydraten auf ein Minimum beschränkt. Dadurch sinkt der Blutzuckerspiegel auf ein Minimum und die Leber beginnt, Ketonkörper zu produzieren. Die praktische Umsetzung der ketogenen Ernährung habe ich in Keto im Alltag beschrieben.
Energiestoffwechsel (Metabolismus)
Vor dem Hintergrund von Krebs als Stoffwechselerkrankung ist die direkte Wirkung der ketogenen Ernährung eigentlich offensichtlich. Krebszellen benötigen viel Zucker - dieser wird dem Körper aber so weit wie möglich entzogen. Die gesunden Zellen werden von Ketonkörpern gut versorgt - diese können von Krebszellen aber nicht verwertet werden. Insgesamt wird den Krebszellen also selektiv die Energiezufuhr abgeschnitten und deren Wachstum behindert.
Zusammenwirken mit Standardtherapien
Es gibt viele Hinweise darauf, dass die ketogene Ernährung die Effekte von Chemo-, Radio- und Immuntherapien unterstützt und verstärkt. Der wichtigste Effekt hierbei dürfte die selektive Erhöhung des oxidativen Stresses (ROS = Reactive Oxygen Species) in Krebszellen durch die ketogene Ernährung sein. Die Details hierzu findet ihr in folgendem interessanten Artikel, der im Internet frei verfügbar ist:
Weitere Effekte
Neben der eben erwähnten Erhöhung des oxidativen Stresses gibt es zahlreiche Hinweise auf weitere positive Effekte der ketogenen Ernährung bei Krebs, die ich hier kurz zusammenfassen möchte:
Auszehrung (Kachexie)
Eines der übelsten Symptome von Krebs im Endstadium kann Kachexie sein, d.h. der rapide Gewichtsverlust verbunden mir Übelkeit und Blutarmut. Für diese Patienten gehört die ketogene Ernährung mittlerweile zur Standardtherapie, weil sie die Symptome mildert. Ich frage mich: Warum sollte man erst dann mit der ketogenen Ernährung beginnen, wenn es bereits zu spät ist? Ich hoffe jedenfalls, dass es bei mir Dank ketogener Ernährung erst gar nicht so weit kommt!
Wirkungsweise der ketogenen Ernährung bei anderen Erkrankungen
Die ketogene Ernährung wirkt sich auch positiv auf andere Krankheiten als Krebs aus, zum Beispiel auf die Folgenden:
Die Wirkungsweise dürften hierbei wiederum unter anderem auf der optimalen Versorgung der gesunden Zellen durch die Ketonkörper, der Senkung des oxidativen Stresses in gesunden Zellen und dem anti-endzündlichen Effekt beruhen. Mehr Details hierzu findet ihr in dem zitierten Buch Krebszellen lieben Zucker - Patienten brauchen Fett (Kämmerer) und in den vielen dort zitierten wissenschaftlichen Artikeln, die im Internet verfügbar sind:
Costatini, Lauren: Hypometabolism as a Therapeutic Target in Alzheimer's Disease, BMC Neuroscience, 2008